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Comic-Rezension zu „Von Dieben und Denunzianten“

Anders als im frankobelgischen Raum ist Jean-Pierre Gibrat in Deutschland leider aus irgendwelchen Gründen recht unbekannt, was eigentlich schade ist. Bei kaum einem anderen Zeichner bin ich sowohl von der Geschichte und den Dialogen als auch von den Zeichnungen gleichermaßen beeindruckt. Ab und zu liest man ja auch Geschichten mit „weniger überzeugenden“ Bildern, weil sie eine tolle Geschichte haben oder kauft sich eine eigentlich platte Story, weil die Zeichnungen super sind. Besonders bei „Von Dieben und Denunzianten“ (im Original: Le Vol du corbeau) bilden Bilder und Geschichte eine ausgewogene Symbiose und ergeben ein schönes Gesamtergebnis.

Handlung
Das Ganze spielt im Frankreich des 2. Weltkrieges und handelt von der jungen Jeanne, die sich für die Résistance engagiert, aber denunziert wurde und zu Beginn der Reihe im Gefängnis sitzt. Mithilfe eines ebenfalls verhafteten Diebes kann sie jedoch entkommen und sie erreichen schließlich ein Lastschiff, auf dem sie beide erst mal Unterschlupf finden. Jeanne möchte versuchen ihre Schwester Cécile zu finden, die ebenfalls für die Résistance arbeitet, doch das gestaltet sich schwerer als gedacht, zumal schließlich auch noch deutsche Soldaten den Lastkahn aufgrund von Transportzwecken beschlagnahmen.

Art des Erzählens und Zeichnungen
So viel zur Grundgeschichte, ich will nicht zu viel vorweg nehmen. Die Geschichte ist in zwei Bänden abgeschlossen (eine kleine Art Vorgeschichte zu Cécile und ihrem Geliebten findet sich in der vorherigen zweibändigen Serie von Gibrat namens „Der Aufschub“). Gibrats Geschichten haben oftmals am Ende eine „überraschende Wendung“ und gerade in dieser Geschichte versteht man einige Dinge am Anfang erst ganz am Schluss und sieht dann alles in einem anderen Licht. Diese Wendungen, aber auch die liebevollen und frischen Dialoge machen Gibrats Werke immer wieder zu richtig hochwertigen Comicromanen. Auch wird das Thema, obwohl es ernst ist, niemals trocken oder melancholisch rüber gebracht sondern bleibt bis zur letzten Seite spannend und interessant.
Nun zu den Bildern. Am Anfang fand ich Gibrats Stil immer etwas „skizzenhaft“ teilweise liegt eben nicht Farbe genau auf Linie, auch schimmern oftmals noch Vorzeichnungsbleistiftstriche durch die Aquarellkoloration, aber eigentlich liegt genau darin Gibrats besonderer und schöner Stil. Die Gesichter, besonders die der wunderschön gezeichneten Protagonistin Jeanne, sind meist nur mit Bleistift und nicht noch mit Tusche bearbeitet, wodurch sie realistischer und weicher wirken. Die Hintergründe sind dennoch immer sauber und detailgetreu ausgearbeitet. Auch von der Farbwahl und Farbgestaltung her sind beide Bände eine echte Augenweide.

FAZIT: Ich weiß eigentlich sollte es eine Rezension werden, aber es ist wohl doch mehr ein Loblied auf einen wirklich großen Zeichner, den ich sehr bewundere und der eines meiner wichtigsten Vorbilder ist. Für diese Reihe muss ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen, ich kann aus Erfahrung sprechen, dass man sehr schnell zum Gibrat-Fan wird. :)

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  1. Alberto

    18. Januar 2012 at 15:12

    Uih, sehr schön beschrieben, macht lust auf mehr. DieFotos sind auch gut, da bekommt man sofort ein Gesamteindruck. Ich hoffe es kommt noch mehr.

  2. miri

    25. Januar 2012 at 11:00

    Oh ja! Den habe ich zwar nicht gelesen, aber ich fand die Zeichnngen sehr toll und somit kenne ich es zumindest ein bisschen :D
    Hab deine URL von Alberto da oben, Lust auf Linktausch?

    • Temel

      25. Januar 2012 at 11:01

      Es lohnt sich wirklich, wirklich zu lesen!!!
      Klar gerne ^^ mein Banner ist bei den Links, hast du eins? :)

  3. megather

    25. Januar 2012 at 12:58

    Endlich mal jemand, der Gibrat nicht nur kennt, sondern auch zu würdigen weiss! :) Ich würde ihn auch in die „Top 5 für die Insel mitzunehmen“ einsortieren! Absoluter Lesebefehl! Auch „Mattéo“ fällt da nicht ab. Einziger kleiner Kritikpunkt wäre vielleicht, dass er eine kleine Fixierung im Aussehen seiner Hauptcharaktere hat. Die Personen in Mattéo sind doch nur sehr gering unterschiedlich zu denen in „Denunzianten“. Aber wenn es sonst nix ist… :)

    Das Lob würde ich allerdings nur sehr bedingt für sein Frühwerk gelten lassen. „Verwandlungen“ und vor allem „Pinocchia“ ist doch eher sehr special interest! ;)

    Kleine Empfehlung vielleicht noch: „Der Planet ohne Erinnerung“ von Frezzato. Finde ich zeichnerisch nahezu unerreicht!

  4. miri

    27. Januar 2012 at 09:27

    Joa, hab Banner in verschiedenen Größen hier: http://miri-chuuei.org/pages/-partner-werden. Hab dich schon verlinkt^^